Abendroth skizziert den Aufstieg des Bonapartismus und sieht historische Parallelen zum Ende der Weimarer Republik.
Hinter der Niederwerfung der Arbeiterklasse im Jahr 1848 hatte eine breite Klassenkoalition gestanden. Doch die Krise war noch nicht voll beseitigt. Die Konflikte gingen weiter und die Arbeiterklasse schien sich nach dem Juniaufstand von 1848 auch wieder zu erholen. Nun bahnte sich eine autoritäre Lösung des Konflikts an: Die Errichtung und Stärkung einer verselbständigten Staatsmacht unter Charles Louis Napoleón Bonaparte, mit Unterstützung einer breiten Volksbewegung.
Abendroth zeigt in dieser Vorlesung, wie die Französische Revolution von 1848 in der besonderen Form der gegenrevolutionären Herrschaft, dem Bonapartismus unter den Napoleon III., endete.
Bemerkenswert ist hier, dass Abendroth – bei allen Unterschieden – auch Parallelen zum Ende der Weimarer Republik herstellt.
Er nennt im Vortrag die Dezember-Gesellschaft „die SA der damaligen Zeit“. An anderer Stelle betont er die mangelnde Kompromissfähigkeit der herrschenden Klassen untereinander und die damit einhergehende Strategie des blutigen Terrors der Staatsgewalt gegen die Arbeiterklasse, um das kapitalistische System doch noch aufrechtzuerhalten:
In der Krise braucht das System eine starke abstrakte Staatsgewalt, um durch sie die Kompromißfähigkeit in der herrschenden Klasse herstellen zu lassen, wenn es die herrschende Klasse schon nicht selbst schafft.
(Abendroth 1997, 61)
Die von Abendroth immer wieder angedeuteten historischen Parallelen haben ihren Ursprung in der Bonapartismustheorie von August Thalheimer. Abendroth hatte diese – sehr frühe – Faschismustheorie als junger Aktivist in der Weimarer Republik kennengelernt. Sie prägte von da an die Entwicklung seines politischen Denkens und sie beeinflusste seine politischen Analysen, vor allem wenn es ihm darum ging, das Ende der Weimarer Republik zu erklären.
August Thalheimer hatte Ende der 1920er Jahre als einer der ersten versucht, den aufkommenden Faschismus klassenanalytisch zu erklären: Als Ausgangspunkt seiner Untersuchung Über den Faschismus (1928) nahm Thalheimer die Marxsche Analyse Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte. Davon ausgehend diskutierte Thalheimer die Klassenkonflikte der 1920er Jahre, thematisierte Parallelen und Unterschiede und sah am Ende den Faschismus als „politische Unterwerfung aller Massen, einschließlich der Bourgeoisie selbst, unter die faschistische Staatsmacht bei sozialer Herrschaft der Groß-Bourgeoisie und der Großgrundbesitzer“.
Abendroth baute auf dieser Theorie und anderen Erfahrungen in der Revolutionsgeschichte auf und erklärte die Machtergreifung Hitlers von 1933 damit, dass sich das progressive Klassenbündnis der Revolution nach 1918 Schritt für Schritt aufgelöst hatte. Das Kleinbürgertum suchte eine starke politische Kraft zur Verwirklichung ihrer Interessen und sah schließlich, wie große Teile der Großbourgeoisie, die Lösung ihrer Probleme in einer autoritären Diktatur. Die politische Linke, die Sozialdemokratie und die Kommunisten konnten dagegen, aufgrund ihrer internen Feindschaft, kein Gegenbündnis organisieren, um die Republik zu verteidigen.
Weiterlesen
Wolfgang Abendroth (1997): Einführung in die Geschichte der Arbeiterbewegung, Bd. 1, 2. Auflage, Heilbronn, 60ff.
Karl Marx (1851/52): Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, bei mlwerke.de
August Thalheimer (1928): Über den Faschismus, bei marxists.org
Kommentar verfassen